Der ganz große Trend ist leider schon wieder vorbei. Aber es gibt in Deutschland immer noch mehrere Skiorte, die aus der Gästekarte einen Skipass gemacht haben und es ihren Urlaubsgästen auf diese Weise ermöglichen, kostenlos auf den örtlichen Pisten skizufahren. Das vermutlich attraktivste dieser Angebote stammt aus einem Kurort ganz im Westen der bayerischen Alpen, kurz vor dem Bodensee: Oberstaufen. Drei Skigebiete (und ein Anfängerrevier) mit zusammen knapp 50 Pistenkilometern, das ist schon ein Pfund.
Wie gut ist, was da gratis angeboten wird? Das wollte ich mir anschauen. Das von der A7 her kommend erste Skigebiet, Hündle-Thalkirchdorf, habe ich allerdings gleich übersprungen. Dort ist nämlich aktuell unter der Woche nur das halbe Skigebiet geöffnet. Die Lifte auf Thalkirchorfer Seite laufen aktuell nur am Samstag und Sonntag. Aber für einen Tagesbesuch sind die anderen beiden Gebiete ohnehin schon ein ambitioniertes Programm. Vormittags Hochgrat, nachmittags die Skiarena Steibis, das war der Plan.
Für den Tagesausflügler ist die Skipass-Situation allerdings deutlich weniger perfekt als für Ortsgäste. Denn seit 2018 gibt es keinen gemeinsamen Skipass mehr in Oberstaufen. Der Auswärtige muss also zwei Halbtageskarten kaufen, wenn er Pistenhüpfen will wie ich. Also, los an den Hochgrat. Dafür fahre ich in Oberstaufen von der Bundesstraße ab und zehn Kilometer an der Weissach alpeneinwärts. Just, wo man denkt, jetzt hört bald die Straße auf, sieht man die quietschgelben Kunststoffgondeln, die kommendes Jahr 50. Geburtstag feiern.
Die Bahnbetreiber sind auf Zack, haben den großen Parkplatz hinter eine Schranke gepackt und verlangen fürs Parken neuerdings fünf Euro, wovon der Bergbahnfahrer immerhin zwei erstattet bekommt. Kartenmäßig habe ich die Wahl zwischen mehreren Einzelfahrten à 13 Euro oder dem Halbtagspass für 26,30 Euro, wobei vermutlich den meisten Besuchern zwei Abfahrten ausreichen.
Denn präpariert ist am höchsten Berg des Westallgäus wenig. Darauf hat die freundliche Kassiererin unten bereits hingewiesen. Während der fast 20-minütigen Fahrt zur Bergstation auf 1708 Metern kann ich immerhin schon mal die diversen Spuren im Schnee verfolgen. Bereits aus der Gondel ist klar: Wer nicht sehr stabil auf dem Ski steht, der fährt vermutlich besser mit der Bahn wieder ab.
Zuvor gibt es allerdings ein Panorama vom Allerfeinsten zu genießen: vom Breitenbeg über Nebel- und Riedberger Horn geht der Blick weiter zu Mädelegabel, Valluga, Hohem Ifen, Diesamskopf und Schesaplana, Damülser Mittagsspitze bis zum gewaltigen Säntismassiv. Und links und rechts hinterm Pfänder lugt tatsächlich der Bodensee heraus. Da kauft man sich gern eine Halbe im Restaurant neben der Bergstation und lässt das alles nochmal in Ruhe Revue passieren.
Und dann geht’s auf die Ski: Die jungen Wilden steigen ja noch mal wenige Meter oberhalb der Bergstation in eine Scharte und katapultieren sich von dort in die weiße Wildnis. Alle anderen (und ich) schwingen zunächst den planierten Fahrweg ums (geschlossene) Staufner Haus und folgen je nach Mut entweder so weit wie möglich dem Fahrweg oder biegen davor bereits irgendwo ins Gelände ab.
Offiziell gibt es ja wohl zwei markierte Skirouten: einmal die Ahornroute mehr oder minder unter der Seilbahn und dann die Eibeleroute (von unten gesehen) rechts davon. Aber markiert war bei unserem Besuch nichts, das Winterpanorama an der Tatstation verzichtete gar völlig auf eine Routeneinzeichnung. Und zumindest die Ahornroute ist mittlerweile teilweise verbuscht. Aber man ist eben im freien Gelände. Ganz allein ist man glücklicherweise nicht: Unentwegt kommen einem Tourengeher entgegen – eindeutig mehr, als Bergbahnskifahrer runter fahren.
Das ist in der Skiarena Steibis anders. Steibis heißt der Ort auf halber Strecke zwischen Hochgratbahn und Oberstaufen und Imberg heißt die Erhebung, auf die eine moderne Achterkabinenbahn hinauf zielt. Unten erwartet mich ein (kostenloser) Großparkplatz mit Après-Skibar, Skiverleihen und Gastronomie, oben neben der Bergstation das Imberghaus (1225 m) und rundum zahllose Nichtskifahrer mit Kinderwägen, Wanderschuhen und Schlitten.
Die nackten Pistendaten sind nicht eben berauschend: Der höchste Punkt liegt auf knapp 1350 Metern, und die Höhendifferenz beträgt nicht mal 500 Meter. Dafür wurde aus dem Gebiet aber einiges gemacht. Die Abfahrt an der Kabinenbahn ist eindeutig von der milden Sorte. Wer es kerniger mag, der kann auf den Nachbarhügel namens Fluh mit seiner modernen Sechsersesselbahn wechseln, auf dem links eine durchaus sportliche Abfahrt und rechts sogar eine Geländevariante erkundet werden kann.
Den Kracher am Imberg hätte ich allerdings fast übersehen: Südseitig stürzt sich von der Sesselbahnbergstation eine in jeder Hinsicht wilde Abfahrt hinunter, deren Auslauf unmittelbar vor einer Bilderbuch-Skihütte endet: Der Berggasthof Hochbühl wird seit mehr als 40 Jahren von der Familie Kasper betrieben. Auf der großen Terrasse herrscht Selfservice – auch für die Liegestühle, die konsumentenfreundlich gerade mal einen Euro Leihgebühr kosten, der noch dazu der Bergwacht zugute kommt. Und wer das große Herz unter dem rauen Charme der Seniorchefin Rosi Kasper kennengelernt hat, der wird weder die Rosi noch ihre Käsknöpfle so schnell wieder vergessen.
(hwr)
https://www.oberstaufen.de, https://hochgrat.de, https://www.berggasthof-hochbuehl.de, https://www.skiarena-steibis.de, https://www.huendle-imberg.de, https://www.allgaeu.de,
Hinweis der Hochgratbahn Oberstaufen
Wir möchten auf folgendes Hinweisen:
1. „Die Bahnbetreiber sind auf Zack, haben den großen Parkplatz hinter eine Schranke gepackt und verlangen fürs Parken neuerdings fünf Euro, wovon der Bergbahnfahrer immerhin zwei erstattet bekommt.“ Das Stimmt so nicht ganz. Der Parkplatz ist schon lange gebührenpflichtig, und seit 2019 ist dies auf 5 € festgesetzt. Richtig ist, da sich viele unserer Gäste nicht verpflichtet gefühlt haben eine Parkticket zu ziehen, dass sich die Parkraumbewirtschaftung seit Oktober 2021 geändert hat und dies nun über ein Schrankensystem gelöst wird. Jedoch hat sich der Preis für das Tagesticket deshalb nicht verändert. Die erste Stunde ist zudem gratis. Aktuell sehen wir auch von einer Erhöhung ab.
2. „Offiziell gibt es ja wohl zwei markierte Skirouten: einmal die Ahornroute mehr oder minder unter der Seilbahn und dann die Eibeleroute (von unten gesehen) rechts davon. Aber markiert war bei unserem Besuch nichts, das Winterpanorama an der Tatstation verzichtete gar völlig auf eine Routeneinzeichnung.“ Das stimmt so leider nicht mehr. Seit der Wintersaison 2021/22 haben wir keine Skirouten mehr, nur noch freien Skiraum. Es ist also nichts präpariert oder markiert bzw. gesichert. Dies ist auf den Panoramatafeln im Tal sowie am Berg ersichtlich sowie im Internet auf unserer Website unter „Winter“ beschrieben. Auch der Pistenplan ist angepasst. Das Bild vom Pistenplan, das sie gepostet haben, ist Stand 2017 und nicht mehr aktuell. Daher auch der Hinweis von unserem Kassenpersonal, dass es bei uns KEINE präparierten Routen mehr gibt. Grüße vom Hochgrat!
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