Andermatt-Sedrun: Ski und Rodel gut im neuen Schweizer Super-Skigebiet

Die Abendsonne senkt sich über das Ursener Tal. Ein rosa Schleier legt sich über die verschneiten Gipfel und droben am Gütsch wird es ruhig. Nur die Pistenraupe planiert noch das Kinderskigelände rund um die Zauberteppiche bei der Mittelstation. Mit dem letzten Zug der knallroten Matterhorn-Gotthard-Bahn (eingeschlossen im Liftticket) sind wir von Andermatt herauf gekommen, um die jüngst zusammengeschlossene Skiarena Andermatt Sedrun zuerst bei einer kulinarischen Spezialität kennen zu lernen. In den Grillkottas am Pistenrand ist schon die Feuerstelle angeheizt. Vor den drei skandinavischen Holzhütten treffen wir uns zum Apéritiv an der Feuerschale, ehe es drinnen ans Abendessen geht. In der Mitte der Rost, auf dem Fleisch und Fisch, Gemüse und irgendwann später Marshmallows brutzeln.

Schlittenvergnügen auf der Passstraße

Hinunter geht es mit dem Schlitten auf der im Winter gesperrten Oberalp-Straße. Entsprechend breit ist die Rodelbahn und mit festem Schnee ganz ohne Eis in bestem Zustand. Gut vier Kilometer rodeln wir mit Stirnlampen und Mondlicht ins Dorf, das wie ein funkelnder Teppich im Tal liegt. Vom Bahnhof, wo wir beim Sportgeschäft die geliehenen Schlitten abstellen, sind es nur ein paar Meter ins Radisson Blu. Das seit Dezember geöffnete Haus mit viel Holz und elegantem alpinen Design ist das erste im neuen Viertel, das im Zuge des Masterplans zur Neuerfindung des aus dem Dornröschenschlaf erweckten Andermatts auf dem ehemaligen Militärgelände entsteht. 281 Zimmer und Suiten sind eine Ansage. Der Neubau ist entsprechend groß, liegt aber weit genug am Rand des Ortes, um nicht zu wuchtig zu sein, während sich im Zentrum das Luxushotel Chedi trotz seiner Größe überraschend dezent ins Ortsbild einfügt.

Kantonsübergreifendes Skivergnügen

Der Skitag beginnt grau. Nach Wochen voller Sonnenschein sind Wolken aufgezogen. Praktisch, dass Dagmar voraus fährt und mit ihrem leuchtend roten Skischul-Anzug den Weg weist. Die Leute, die der volle Skibus am  Gütsch-Express ausgeladen hat, haben sich schnell verteilt. Von oben zeigt die Skilehrerin, die in Andermatt seit Studententagen Unterricht gibt, wo Tagesgäste mit Kindern bis zwölf Jahre direkt an die Talstation fahren können. Der Familienparkplatz ist nur eines der genau durchdachten Mosaiksteinchen der neuen Skiarena, die entstand, weil der Ägypter Samih Sawiris auf dem Weg von Mailand nach Zürich sein Herz an das Tal verloren haben soll. So beschreibt nicht nur Dagmar den Beginn der Aktivitäten des finanzkräftigen Investors, der das Dorf seit einigen Jahren sichtlich in Schwung bringt. 

Wir schwingen über Pisten, die mit neuer Infrastruktur erschlossen sind und seit Dezember ohne Zug-Etappe miteinander verbunden sind. Der Schnee ist einfach nur perfekt. Schön griffig, nirgendwo eisig. Wir fahren einmal rot und einmal blau zur Mittelstation. Die Grillkottas sind um diese Tageszeit nur Kulisse, während im abgetrennten Kinderskiareal reges Treiben herrscht. Über Gütsch-Flyer und Lutersee-Flyer geht es hinüber zum Schneehüenerstock, der sich zunächst in einer Nebelwolke versteckt.

  • Seit Dezember 2018 auch per Lift verbunden: Die Anlagen der Skiarena Andermatt Sedrun mit Drehkreuz am Oberalppass

Drehscheibe Schneehüenerstock

Zeit für einen Kaffee unter Kristalllüstern im Selbstbedienungsrestaurant Schneehüenerstock, das sich samt großer Sonnenterrasse elegant unter die Bergstation schmiegt. Hier laufen seit Dezember der Sessellift aus Richtung Andermatt und der Schneehüenerstock-Express vom Oberalppass ein und bilden so die kantonsübergreifende Drehscheibe der Verbindung zwischen Andermatt (Uri) und Sedrun (Graubünden). Zwei Dinge lernen wir hier besonders schätzen: die köstlichen Kekse, die mit Kaffee und Schoggi kommen und den Brunnen, an dem man kostenlos Bergwasser zapfen kann; wahlweise mit und ohne Kohlensäure. Beides gehört zum kulinarischen Gesamtkonzept unter dem Slogan „Mountain Food“. Und während wir an den Keksen knabbern, tut sich draußen vor den Panoramafenstern für einen Moment der Blick auf. Bis wir ausgetrunken haben, ist der Himmel wolkenfrei. Rechts die Aussicht aufs Urserental, links in die Surselva.

In einem weiten Bogen führt eine schöne Abfahrt zum Oberalppass mit seinem kleinen Leuchtturm, der als Pendant zum Original in Rotterdam an die nahe gelegene Quelle des Rheins erinnert. Mitten im glitzernden Schneeteppich sieht er besonders schön aus. Nach köstlichen Älplermakkronen in Bergrestaurant „PizCalmot“ schwingen wir nach Graubünden. Die Schweizer Flagge vor dem Haus zeugt von der Brisa, dem Nordwind, der die Wolken aus dem Tal geblasen hat. An der Bergstation von Oberalp- und Calmut-Flyer ist man dem Wind am stärksten ausgesetzt und Dagmar fährt sicherheitshalber rasch wieder zurück Richtung Andermatt, ehe die Bahn den Betrieb einstellt. Die windsichere Alternative ohne Ski ist normalerweise die Matterhorn-Gotthard-Bahn, doch deren Gleise müssen an dem Tag wegen einer Nassschneelawine erst frei geräumt werden. Für den Notfall gäbe es einen Transportshuttle auf der Piste, beruhigt Dagmar. Schneller geht‘s für sie freilich auf den eigenen Brettern.

Wir kosten den Nachmittag auf den Pisten von Dieni aus. Der Schnee ist noch immer tadellos und jeder Schwung ein Vergnügen. Jede Abfahrtsvariante an Mulinatsch- und Milez-Flyer macht Spaß. Die Pisten, die immer wieder an schönen Almhütten aus dunklem Holz vorbei führen, sind anspruchsvoll, aber nicht sehr schwer. Ganz oben am Tegia Gronda gibt es etwas abseits der Pisten einen abwechslungsreichen Snowpark. Nach etlichen Fahrten schwingen wir bei der Sonnenterrasse oberhalb der Bahnstation Dieni ab für einen Hauskaffee Sudada. Was genau sich unter dem Sahnehäubchen verbirgt, ist streng gehütetes Familiengeheimnis der Deragischs. Ein Blick auf die umliegenden Tische zeugt von seiner Beliebtheit. Praktischer Nebeneffekt im „Sudada“: Man hat den Bahnhof Sedrun im Blick und muss erst die paar Meter zum Bahnsteig hinunter schwingen, wenn der Skizug drüben aus dem Bahnhof fährt. Wir bleiben auf der Graubündener Seite. Wer wieder zurück nach Andermatt möchte, kann bis zum letzten Lift fahren und sich dann in den Zug setzen.     

Heidi Siefert

Liftbetrieb bis Mitte Mai

Im Gebiet Andermatt-Oberalp-Sedrun ist bis 1. April durchgehender Betrieb, dann bis Ostern die Wochenenden ab Freitag und bis Ostermontag. Am Gemsstock laufen die Lifte durchgehend bis 28. April und bis 19. Mai jeweils Freitag bis Sonntag.

10-Franken-Tage, an denen der Tages-Liftpass 10 CHF kostet, gibt es noch am 13., 20. und 27. März (ohne Reservierung, ohne Kartenlimit), ansonsten gibt es für Tagestickets ein dynamisches Preissystem, für Mehrtageskarten Fixpreise. Preislich attraktiv sind Kombinationen mit Bus und Bahn.

www.skiarena.ch

www.andermatt.ch

www.radissonblu.com/de/hotel-andermatt

www.skischuleandermatt.ch

www.disentis-sedrun.ch

www.graubuenden.ch

www.myswitzerland.com

www.sbb.ch, www.bahn.de/schweiz


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